Stadt&Land, Kultur&Natur im Wandel der Geschichte der Lausitz

Ursprünge und frühe Siedlungen:

Es waren Sorben, auch Wenden oder Lusatianer genannt, ein westslawischer Volksstamm, der sich im 6. Jahrhundert n. Chr. im Zuge der Völkerwanderung in den Gebieten östlich der Elbe niederließ. Abgeleitet vom slawischen "łużyca", gaben  die ersten Ankommenden ihrer neuen Heimat, einem Sumpfland, den Namen Lausitz. Sie gründeten kleine Ortschaften, die durch Rodung und Trockenlegung besiedelt werden konnten, organisierten sich in heidnischer Tradition. Sie teilten sich den Siedlungsraum mit Germanen und trugen so zur Entstehung einer neuen, eigenen Kultur bei.  Das Abfließen des Wassers wurde durch die Anlage von Gräben und Kanälen ermöglicht, die nicht nur die Bewirtschaftung der Böden dienten, sondern auch den Transport von Gütern und Menschen erleichterten. Die Lausitz diente als Brücke zwischen dem slawischen Osten und dem germanischen Westen.

Groß-Radisch oder Groß Särchen in der Oberlausitz könnten als älteste Dörfer im Sinne der ersten Besiedlung gelten und im Spreewald das Fischerdorf Burg. Trotz der anfänglichen Verschiedenheit der slawischen und sorbischen Kulturen, hat die Lausitz eine eigene Identität hervorgebracht, welche sich bis heute in Sprache, Traditionen und Brauchtum widerspiegelt. Ihre Sprache, die obersorbische und die niedersorbische, sind ein wertvolles kulturelles Erbe und gehören zu den wenigen slawischen Sprachen, die in Deutschland noch gesprochen werden.

Im 12. Jahrhundert erlebte das Klosterwesen in der Lausitz einen Aufschwung. Klöster wie das Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau oder das Kloster Dobrilugk spielten eine bedeutende Rolle in der Region. Sie waren Zentren des christlichen Glaubens, aber auch Orte der Kultur und Bildung. Während die deutschen Mönche die Bibel und das christliche Dogma verbreiteten, wurden die Sorben  eher durch die lokale Tradition, die mündliche Überlieferung und den slawischen Mythos geprägt.

Der roemisch-deutsche Friedensfürst Friedrich 1.

Durch die Unterstützung von Kaiser Barbarossa (Friedrich 1. - gest.1190) gelang es den askanischen Markgrafen Handelsstädte wie Görlitz und Bautzen zu gründen. In den darauffolgenden Jahrhunderten erlebte die Lausitz nun eine Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs, welcher durch Anfänge des Bergbaus und der Tuchmacherei, der Landbewirtschaftung und des Fachwerkhausbauens geprägt wurde.

Dann die Industrialisierung - Eine neue Epoche

Mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert erlebte die Lausitz einen neuerlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Die Nieder- und die Oberlausitz, Teile Niederschlesiens, entwickelten sich zu Zentren der Braunkohlenförderung und -verarbeitung, in grenzüberschreitender Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien, dem heutigen Dreiländereck. Die Bergbauindustrie brachte Wohlstand, aber auch Umweltbelastungen mit sich, welche die Menschen bis in die heutige Zeit zu bewältigen haben. Federführend bei der Aufarbeitung hierbei sind die Bergakademie Freiberg und die BTU Cottbus.

 

Die Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg - Ein neues Kapitel

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Lausitz durch die Oder-Neiße-Grenze geteilt. Der östliche Teil der Lausitz, der die heutige polnische Provinz Niederschlesien umfasst, wurde Teil Polens. Der westliche Teil blieb bei Deutschland und wurde in die Bundesländer Brandenburg und Sachsen integriert. 

Die Lausitz lag nach dem Krieg in Trümmern, Industrie und Infrastruktur waren zerstört, die Bevölkerung war arm und arbeitslos. Die sowjetische Besatzungsmacht brachte politische und auch wirtschaftliche Veränderungen. Die Lausitz wurde Teil der DDR und Teil des sozialistischen Systems. Kohleförderung und -veredlung wurden zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Großbetriebe entstanden, die neue Arbeitsplätze schufen, aber gleichzeitig auch die Umwelt stark belasteten. Städte wie Vetschau, Spremberg, Senftenberg, Hoyerswerda, Lauchhammer u.a., erlebten einen enormen Bevölkerungszuwachs. Energie wurde kostengünstig bereitgestellt und konnte weitere Industriezweige ansässig werden lassen. Die Lausitz mit ihren Kohlebergwerken und industriellen Anlagen, wurde zur "Energielandschaft" der DDR. In der Region entwickelte sich ein starkes soziales Gefüge, geprägt von Solidarität und Kollektivität. Gartenstädte in Brieske und Lauta entwickelten sich nach englischem Vorbild. Später wurde die Lausitz jedoch aufgrund von politisch motivierten Kapazitaetsmängeln zum Symbol für die ökologischen Probleme der DDR.

Die generelle Verfügbarkeit von Rohstoffen wie Holz und Metall, die qualifizierten Fachkenntnisse und günstigen Transportverbindungen schufen punktuell nebenher ideale Bedingungen für eine besondere Entwicklung des Klavierbaus. Unternehmen, wie die Firma Steingräber & Söhne in Görlitz, erlangten internationale Bekanntheit für die Qualität ihrer Instrumente. Die Steingräbers entwickelten eine spezielle Klavierbautechnik, die für ihren klaren Klang und ihre Robustheit bekannt war. Weitere wichtige Klavierbauer der Lausitz waren Franz Schubert in Bautzen, August Förster in Löbau
und C. Bechstein in Seifhennersdorf, der zwar nicht direkt in der Lausitz ansässig war, aber seine Wurzeln in der Region hatte.

Die August Förster Flügel- und Pianobau Gmbh existiert inzwischen in 4. Generation. Mit großer Sorgfalt und künstlerischem Anspruch wird jedes Klavier zu einem einzigartigen Werk, das die Seele des Komponisten und die Kunst des Interpreten gleichermaßen zum Ausdruck bringen sollen. Im Laufe seines Lebens stellte August Förster Hunderte von Klavieren her, die heute in Museen, privaten Sammlungen und in den Händen von Musikliebhabern auf der ganzen Welt bewundert werden. Seine Unikate sind ein Beweis für seine außergewöhnliche handwerkliche Kunst und seinen unbezwingbaren Willen zur Perfektion.

Die Wende und der Wandel nach 1989

Nach dem Fall der Mauer 1989 begann die Lausitz einen neuen Abschnitt ihrer Geschichte. Die wirtschaftliche Umstrukturierung nach der Wiedervereinigung brachte neue Herausforderungen mit sich. Der Kohleabbau wurde reduziert, die Industrie wandelte sich, viele Menschen verloren ihre Arbeitsplätze. Die Lausitz stand vor der Aufgabe, eine neue Identität zu finden, die nicht mehr vom Kohlebergbau geprägt war.

Die Lausitz im 21. Jahrhundert

Heute ist die Lausitz eine Region im Wandel. Die Kohleförderung wird immer mehr reduziert, die Umweltverschmutzung zurückgefahren. Der Fokus liegt auf der nachhaltigen Entwicklung, dem Tourismus, dem Ausbau von erneuerbaren Energien und der Rekultivierung der Tagebaue. Stadt&Land bilden wieder eine Einheit inmitten einer mannigfaltigen behüteten Natur. Das durch Rekultivierung entstandene Lausitzer Seenland ist bspw. längst kein Geheimtip mehr.

Die Lausitz ist ein Spiegelbild der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Ihre Geschichte ist geprägt von Krieg, Vertreibung, Umbruch und Wiederaufbau. Die Lausitzer, die durch die Geschichte gegangen sind, tragen die Spuren der Vergangenheit in sich und suchen nach neuen Wegen. Die Geschichte der Lausitz ist gleichzeitig ein Mahnmal für die Folgen von Krieg und Vertreibung und ein Zeichen für die Widerstandsfähigkeit und das Streben nach einer friedlichen Zukunft.