Der Schriftsteller Theodor Fontane
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(1818 - 1898) |
Am 30. Dezember 1818 erblickte Henri Théodore (Theodor) Fontane in Neuruppin das Licht der Welt. Die Vorfahren väterlicher- wie mütterlicherseits gehörten zu den französischen Hugenotten, die nach dem Edikt von Nantes ihre Heimat verließen und unter anderem auch in Brandenburg-Preußen Zuflucht fanden. Seine Kindheit verbrachte Fontane in Swinemünde, wo er die Stadtschule besuchte und später durch den Vater und diverse Hauslehrer unterrichtet wurde. 1832 erfolgte sein Eintritt in die Quarta der Friedrichswerderschen Gewerbeschule K.F. Klödens in Berlin, die er im März 1836 mit dem Einjährigen-Zeugnis verließ.
Dem Beruf seines Vaters folgend, trat Fontane am 1. April 1836 als Lehrling eine Stelle in der Apotheke "Zum Weißen Schwan" an. Schon zu seiner Schülerzeit wurde Fontanes Interesse für die Literatur erweckt. Als eifriger Leser der Zeitschriftenliteratur debütierte er 1839 selbst als Mitarbeiter des "Berliner Figaro" mit der Erzählung "Geschwisterliebe" und ließ auch einige Gedichte in dieser Zeitung veröffentlichen. In diese Zeit fällt auch seine erste Zugehörigkeit zu literarischen Kreisen: dem "Platen-" und dem "Lenau-Klub".
Die nächste Station Fontanes war Burg (bei Magdeburg), wo er für 3 Monate in der Apotheke des Dr. Kanneberg arbeitete. Von dort zog es ihn nach Leipzig, wo er in der Apotheke "Zum Weißen Hirsch" des Dr. Neubert arbeitete. Diese relativ kurzen Lebensabschnitte Fontanes sind in seiner Autobiographie "Von Zwanzig bis Dreißig" unter der Kapitelüberschrift "Mein Leipzig lob ich mir" eindrucksvoll geschildert. Im literarisch wie politisch aufgeweckteren Leipzig war der Anschluß bald gefunden, diesmal als eine vom Schriftsteller mit dem Namen "Herwegh-Klub" bezeichneten Vereinigung. In Robert Binders belletristischer Zeitschrift "Die Eisenbahn" veröffentlichte Fontane jetzt mit ziemlicher Regelmäßigkeit vom Herbst 1841 bis zum Frühjahr 1843 Gedichte und Korrespondenzen. Letztere Schriftstücke, die erst um 1965 entdeckt wurden, sind Fontanes erste journalistische Versuche im polemisch-witzigen Stil.
Fontanes literarische Laufbahn zeichnete sich immer stärker ab: die schriftstellerische Betätigung gerade in der nachfolgenden Dresdener Zeit ist sehr intensiv. Neben einer Hamletübersetzung beschäftigten ihn außerdem Werke sozialpolitischer englischer Dichter. Trotz dieser Arbeiten konnte sich Fontane nicht entscheiden, ganz in das literarische Fach zu wechseln, und so gingen Apothekerberuf und schriftstellerische Betätigung weiter nebeneinander her. Vom 1. April 1844 bis zum 1. April 1845 diente Theodor Fontane als Einjährig-Freiwilliger im Gardegrenadierregiment "Kaiser Franz". In diese Zeit fällt auch eine 14-tägige Reise nach London und der Beginn der Freundschaft mit Bernhard von Lepel, mit dem ihn literarische Interessen verbanden und der ihn im Juli 1843 als Gast in den "Tunnel" einführte. Dieser literarische Sonntagsverein, der sich "Tunnel über der Spree" nannte und in den er am 29. September 1844 unter dem Namen "Lafontaine" aufgenommen wurde, bestimmte nun auf Jahre seine literarische Entwicklung und führte ihn von seiner politischen "Vormärz-Lyrik" weg zur Balladendichtung. Außerdem intensivierte sich in dieser Zeit seine Verbindung zu der angesehenen Zeitung "Morgenblatt für Gebildete Leser", zu der er schon 1843 Zugang gefunden hatte. Hier erschienen seine "Preußischen Feldherren" (April, Juni 1847) und sein episches Gedicht "Von der schönen Rosamunde" (Sept. 1850). Das Staatsexamen und die Anstellung im Krankenhaus "Bethanien" als Ausbilder erhielt er im Jahre 1847. Drei Jahre später heiratete Theodor Fontane Emilie Rouanet-Kummer, mit der er seit Ende 1845 verlobt war. 1851 erschien die erste Sammlung seiner "Gedichte" und ein Jahr später das "Deutsche Dichteralbum", ein Werk, welches für die Kenntnis von Fontanes literarischem Erbe und Geschmack nicht unbedeutend ist.
Nach den Barrikadenkämpfen 1848 -an denen sich Fontane aktiv beteiligte- und der Resignation des Bürgertums über die mißlungene Revolution tendierte Fontane 1850 mehr in die Richtung der Regierungspresse. Gründe für diesen verfremdenden Schritt sind möglicherweise seine Heiratspläne und das Verlangen nach wirtschaftlicher Sicherheit. Dieser Schritt bedeutete für Fontane, daß er sich von jetzt an in einem politischen Lager befand, dem er eigentlich nicht angehörte. Diese Situation belastete sein Gewissen nachhaltig. Mit einigen Unterbrechungen arbeitete Fontane bis August 1855 im "Literarischen Kabinett", daß später in "Zentralstelle für Preßangelegenheiten" umbenannt wurde. Die an sich unbefriedigende Arbeit ließ ihm jedoch Zeit für sein literarisches Schaffen. Hauptsächlich verfaßte er Balladen und wurde Herausgeber des belletristischen Blattes "Argo". Auch für Geschichtsvorträge und Privatstunden, die ihn in den gesellschaftlichen Kreis der Familie von Wangenheim einführten, nutzte er seine Zeit.
Bereits im Jahre 1852 begab sich Fontane auf seine 2. Englandreise, aus der das literarische Ergebnis "Ein Sommer in London" (1854) entstand. Ein paar Jahre später, im März 1856 wurde Fontane - nun Presseagent der Zentralpreßstelle - dem preußischen Gesandten Graf Bernstorff in London als literarischer Berichterstatter zugeteilt. 1857 konnte er dann seine Familie nach London nachholen. In den Jahren seines Englandaufenthaltes vertiefte er sein Wissen durch sorgfältige Studien englischer Geschichte und Institutionen, vor allem aber entwickelte er dort seine journalistischen Fähigkeiten. In dieser Zeit entstanden Artikel für verschiedene deutsche Zeitungen, insbesondere feuilletonistische Veröffentlichungen, die den Auftakt zu seinen England-Büchern bildeten, mit denen er den Übergang vom Balladendichter zum Prosaisten fand.
Als die reaktionäre Ära Manteuffel sich ihrem Ende entgegenneigte, und Prinz Wilhelm von Preußen im Oktober 1858 die Regentschaft antrat, nahm Fontane den Regierungswechsel als äußeren Anlaß, seinen Englandaufenthalt zu beenden. Seine Rückkehr nach Berlin im Januar 1859 bedeutete, sich eine neue Existenz aufzubauen. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten fand er wieder eine Anstellung in der Berliner Zentralpreßstelle, die jetzt von Max Duncker geleitet wurde. Durch eine taktische Ungeschicklichkeit Fontanes wurde das Arbeitsverhältnis dort erschwert, und er entschloß sich im Dezember 1859 entgültig, diese Tätigkeit zu beenden. Mit seinen ersten Wanderungen durch die Mark Brandenburg bahnte sich ein neuer Weg an, auf dem er seiner künstlerischen Bestimmung langsam, aber konsequent entgegenstrebte.
Das Jahr 1860 brachte Fontane die notwendige wirtschaftliche Sicherheit. Durch die Vermittlung seines "Tunnel"-Freundes Georg Hesekiel trat er am 1. Juni 1860 als Redakteur für den englischen Bereich der "Neuen Preußischen (Kreuz-) Zeitung" ein. Die verhältnismäßig geringe Inanspruchnahme durch seine redaktionelle Tätigkeit erlaubte Fontane, viel Zeit für seine eigenen literarischen Arbeiten zu nutzen. 1859/60 wurden die in England ausgeführten Aufsätze gesammelt und in Buchform veröffentlicht: "Jenseits des Tweed" (1860) und "Aus England. Studien und Briefe über Londoner Theater, Kunst und Presse" (1860). Ende 1861 kam der erste Band der "Wanderungen" heraus. Bis zum Ende seines Lebens beschäftigte sich Fontane nun mit den Arbeiten über die Mark Brandenburg.
Durch die drei Bismarckschen Kriege eröffnete sich dem Schriftsteller ein weiteres, ganz neues Gebiet: die Kriegsberichterstattung, die ihn 12 Jahre in Anspruch nahm. Im Zusammenhang damit stehen Reisen zu verschiedenen Kriegsschauplätzen in Europa. Der erste Besuch des französischen Kriegsschauplatzes endete in einer etwas unglücklichen und gefahrvollen Episode mit der Gefangennahme des als Spion verdächtigten Dichters. Fontane verbrachte 2 Monate in Kriegsgefangenschaft. Nachdem er aus dieser mißlichen Lage befreit war, veröffentlichte Fontane "Kriegsgefangen, Erlebtes 1870". Im selben Jahr kündigte er die feste Stellung bei der "Kreuzzeitung" und machte damit seine ganze wirtschaftliche Existenz von den schriftstellerischen Arbeiten abhängig.
Nach 1876 verlief Fontanes Leben ohne nennenswerte Unterbrechungen. 1878 erschien sein erster Roman "Vor dem Sturm", ein Markstein in Fontanes künstlerischer Entwicklung. Mit diesem Werk setzte sich der Romancier in ihm durch. In kurzen Abständen folgten seine anderen epischen Werke.
Der dreizehnte Roman "Frau Jenny Treibel" war gerade erschienen, als die bereits weit fortgeschrittene Arbeit an "Effi Briest" 1892 durch eine schwere Erkrankung unterbrochen wurde. Diese führte eine psychische Krise herbei, die erst durch die Arbeit an "Meine Kinderjahre" überwunden wurde. Kurz darauf erschien der zweite (autobiographische) Band "Von Zwanzig bis Dreißig". Von diesen beiden Werken spinnen sich die Fäden zu den letzten großen Romanen "Effi Briest" und "Der Stechlin". Kurz vor Erscheinen der Buchausgabe des "Stechlin" starb Fontane plötzlich am Abend des 20. September 1898 in seiner Berliner Wohnung in der Potsdamer Straße.